Mit Stadtentwicklung gegen Einsamkeit
SkF Paderborn I SKM Paderborn I CKD Paderborn. Kann Stadtentwicklung Einsamkeit vorbeugen oder sie gar eindämmen? Durchaus - wenn wirklich alle Menschen und Bedarfsgruppen mitgedacht werden. Dafür ist die Zusammenarbeit der gesamten Stadtgesellschaft nötig.
„Mittendrin – außen vor / Wem gehört die Stadt?“ – Das Motto der Armutswochen der Caritas 2023 prangt in großen Buchstaben auf den Feedbackbögen, die am 11. November 2023, einem grauen und leicht regnerischen Samstag, vor dem Dom in Paderborn ausliegen. Die Fachverbände SkF, SKM und CKD sind, gemeinsam mit dem Diözesan-Caritasverband, mit einem Stand vertreten.
Neben Kuchen und Kaffee laden Bänke und Stehtischen zum Verweilen ein. Die Kleiderläden der CKD sind ebenfalls mit Ständern voller Kleidung vertreten. Sie werden im Lauf des Tages einige Kundinnen und Kunden begrüßen und Spenden entgegennehmen dürfen.
An den Ständen kommt es derweil zu intensiven und spannenden Gesprächen. Alles dreht sich um zwei Fragen:
- Wem gehört die Stadt?
- Was brauchen wir für unsere Zukunft und unsere Stadt?
Antworten auf diese Fragen können sowohl im Gespräch ausgetauscht als auch schriftlich auf Feedbackbögen festgehalten werden. Eine Option, von der viele Bürgerinnen und Bürger Paderborns regen Gebrauch machen.
Gemeinsam Raum für Gemeinschaft und Ruhe schaffen
Unter den Diskutierenden finden sich im Lauf des Tages auch Menschen aus zivilgesellschaftlichen Organisationen, Politik und Wohlfahrt. Sie alle vertreten unterschiedliche Ansichten was die konkreten Details angeht, sind sich jedoch in einem Punkt einig:
Eine inklusive, faire und für alle zukunftsfähige Stadt lässt sich nur gemeinsamen und in Kooperation erreichen.
Das sehen die Paderbornerinnen und Paderborner, die ihre Wünsche, Anregungen und Themen niederschreiben, ähnlich. Die Bandbreite reicht von besserer Kinderbetreuung über mehr Unterstützung für die lokale Wirtschaft bis hin zu ausgebauten Radwegen und Barrierefreiheit.
Ein Aspekt zieht sich, in verschiedenen Variationen, jedoch durch sehr viele Rückmeldungen:
Der Wunsch, öffentliche Räume so zu gestalten, dass sie wirklich zur Begegnung dienen und Gemeinschaft möglich machen. Oder, wie es eine Bürgerin formuliert: „Platz für Ruhe ohne „Kommerz“. „
Stadtentwicklung gegen Einsamkeit
Dieser Aspekt taucht auch in den teilweise politisch geprägten Gesprächen am Stand der Fachverbände auf. Hier wird deutlich: Stadtentwicklung ist zwar nicht der einzige, jedoch ein wichtiger Aspekt für gesellschaftlichen Zusammenhalt – und gegen Einsamkeit.
Diese Erkenntnis ist auch wissenschaftlich belegt, man spricht hier vom so genannten „Glasgow Effekt“, weil die dazugehörige Erhebung in Glasgow durchgeführt wurde. Dabei ist es nicht so, dass das Leben in der (Groß)Stadt automatisch einsam macht. Es kommt ganz entscheidend auf die Stadtentwicklung und die Gestaltung des öffentlichen Raumes an.
Dienen öffentliche Plätze primär dem Konsum und gibt es fast keine Bereiche mit Sitzgelegenheiten, Grünflächen und anderen Möglichkeiten zur Entspannung, trägt das zur Vereinsamung der Menschen bei.
Sind öffentliche Räume jedoch so gestaltet, dass sie zum Verweilen, zu Gesprächen oder Gruppenaktivitäten einladen, kann Einsamkeit entgegengewirkt und soziale Isolation reduziert werden.
Dazu gehört auch, dass Städte und öffentliche Räume möglichst barrierefrei und für die Fortbewegung zu Fuß oder mit dem Fahrrad gestaltet sind.
Öffentliche Räume für alle
Video Statment von Joachim Veenhof - Geschäftsführer des SKM Paderborn
Joachim Veenhof, Geschäftsführer des SKM Paderborn, erinnert am 11. November 2023 im Interview daran, dass öffentliche Räume der gesamten Stadtgesellschaft gehören. Diese schließt auch wohnungslose Menschen ein, die bei der Stadtentwicklung viel zu oft vergessen oder als Ärgernis empfunden werden.
Ohne festen Wohnsitz laufen sie Gefahr zu vereinsamen und ungewollt sozial isoliert zu sein. Joachim Veenhof formuliert es so:
„Der SKM begleitet Menschen auf der Straße, die wohnungslos sind. Das heißt die, die jeden Tag neu versuchen, irgendwo einen Platz in dieser Stadt zu finden und in diesen Konflikt geraten: Einen Ort zu haben, wo sie sicher sind, wo sie sich aufhalten können und trotzdem der Stadtgesellschaft … nicht auf die Füße zu fallen.“
Und er erinnert daran, dass die wirklich wichtigen Fragen nur gemeinsam gelöst werden können:
„… diese Aufgaben können wir nur als Stadtgesellschaft leisten. Das Stadtbild zu gestalten, die Plätze zu gestalten, wo Menschen sind, aber … auch dafür zu sorgen, dass vielleicht unsere Leute nicht auf die Straße müssen, weil sie kein geeignetes Zuhause haben. Ich würde mich freuen, wenn solche Dialoge wie heute mit allen Beteiligten mal wieder stattfinden. Mit Politik, mit Vertretern der Kirche, der Wohlfahrtsverbände und allen Organisationen, die sich um die Belange der Menschen auf der Straße kümmern.“
Gemeinsam kann es gelingen, die Stadt so zu gestalten, dass alle gerne und gut in ihr leben können. „Gemeinsam“ bedeutet hier jedoch nicht nur Organisationen der Zivilgesellschaft, der Wohlfahrt oder der Politik. Jede und jeder Einzelne ist gefragt. Dann hat Einsamkeit künftig keinen Platz mehr in der Stadt.